Die Bayerische Jugend-Einzelmeisterschaft 2023 letzte Woche in Bad Kissingen (Jungs) respektive auf Burg Wernfels (Mädchen) haben wir ja in Tickerform live und ausführlich verfolgt. Nachdem sich der Staub nun gelegt hat, auch alle Trainer wieder zurück sind und Gelegenheit hatten ein wenig zu reflektieren, wird es Zeit, nochmal zurückzublicken.
Ein Traum-Turnier mit einem Traum-Ergebnis hat Moritz in der U12 gespielt. Er war von Position zwei der Setzliste in den Wettkampf gegangen, hatte allerdings einen Gegner vor sich, der schier unbezwingbar schien.
Nun ist schon Moritz mit einer außergewöhnlichen Wertungszahl gesegnet für sein Alter, aber knapp 2100 DWZ sind eine Hausnummer. „Ich schau, dass ich Vize werde“, hatte Moritz mit Leni im Vorfeld (sinngemäß) philosophiert. Dass da mehr gehen könnte, schien ihm selbst offenbar utopisch.
In Runde 4 war es dann so weit, die beiden trafen aufeinander und hier hat Moritz eine herausragende Partie gespielt. Ein unscheinbarer Zug – h4 statt h3 – des Gegners genügte, um Möglichkeiten zu eröffnen und diese Chance ließ sich Moritz nicht entgehen. Knifflig wurde es nochmal, als Runde 6 verloren ging. An dem Punkt hatte Moritz es nicht mehr nur in der eigenen Hand, selbst bei einem Sieg musste er auf die bessere Buchholz-Wertung hoffen, sofern auch die Verfolger alle voll gepunktet hätten. Die jeweilige Buchholz-Wertung setzt sich ja aus den aufsummierten Punkten aller bisherigen Gegner zusammen und wer weiß schon im Vorhinein, was die in der letzten Runde zustande bringen werden. Doch am Ende sollte es klappen, sein Sieg in Runde 7 besiegelte den Meistertitel.
Damit konnte sich Moritz nach der Bayerischen Mannschaftsmeisterschaft in der vergangenen Saison, wo er als Brett-1-Spieler Teil des Kelheimer U12-Meisterteams war und später auch zur Deutschen Vereinsmeisterschaft fuhr, nun auch den Bayerischen Einzelmeister-Titel 2023 schnappen. Herzlichen Glückwunsch!
Knapp 200 km weiter südlich, auf Burg Wernfels in Mittelfranken, brannte derweil Leni in der U14w ihr Feuerwerk ab. Sie spielte ein beeindruckendes Turnier, saß alle Runden bis auf eine an Brett 1 und wurde deshalb auch meist live übertragen. „Sie hat immer auf Angriff/Sieg gespielt, war selbstbewusst, ehrgeizig, aber hat sich gleichzeitig auch nicht zu sehr reingesteigert“, meinte Johannes im Nachgang, der als Trainer bei den Mädels dabei war. Exemplarisch die Engine-Auswertung von Lenis Partie aus Runde 1 (und da waren noch ein paar solche Kaliber dabei):
Selbst gegen die spätere Turniersiegerin und gegen die letztjährige U12w-Meisterin schaffte sie Remis, sodass der Titel in der U14w in Griffweite lag.
Dann jedoch kam die verhängnisvolle Runde 7: Die Partie gegen die Siebte der Setzliste ging verloren und damit bedauerlicherweise auch der Meistertitel.
Dabei hat Leni selbst hier keinen wirklichen Patzer eingebaut, die Gegnerin hat schlicht außergewöhnlich präzise gespielt und am Ende verdient gewonnen. Ab Zug 15 hatte Leni meist nur einen einzigen Zug, der alles zusammengehalten hätte, leider hat sie den in der Phase nicht immer gefunden. So richtig freuen konnte sie sich über den Vizemeister-Titel angesichts des Turnierverlaufs nicht. Erst die Erkenntnis, dass Platz 2 ja auch für die Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft in Willingen reicht, war ein kleiner Trost. Corni: „Sie hat ein klasse Turnier gespielt, das wird sie aber erst mit der Zeit verstehen.“
Abgesehen vom Wettkampf selbst ist es eine Freude mitzuerleben, wie gut sich die Bayerischen Kader-Mädels verstehen, obwohl sie am Brett Rivalinnen sind. Die hatten einen Spaß, zwischen den Partien sowieso, aber selbst während der Runde herrschte zumindest am Rundenstart stets ausgelassene Stimmung. Sie kennen sich natürlich auch gut von vielen Kadertrainings und ihren gemeinsamen Einsätzen für die (Zitat BSJ) „Bayerische Nationalmannschaft“ in den Ländervergleichskämpfen. Da ist wirklich eine ebenso schlagkräftige wie sympathische Truppe beisammen. Mal sehen, wie das auf der Deutschen Meisterschaft an Pfingsten wird…
Einen unglücklichen Turnierverlauf erlebte Benedikt in der U14. Als Favorit von Platz 1 der Setzliste gestartet, hatte er bis kurz vor Schluss alles im Griff, spielte ein souveränes Turnier, lag durchgehend im Spitzenfeld und schaffte selbst gegen seinen ärgsten Verfolger Remis. Was dann schiefgelaufen ist, vermochten selbst die Jugendleiter nicht schlüssig zu erklären: „Wenn ich wüsste, was am Donnerstag Mittag passiert ist…da würd ich viel dafür geben“, meinte Corni. Sowohl Runde 6 als auch Runde 7 ging verloren, was Benedikt von der Spitze noch bis auf Rang 8 zurückwarf. Entsprechend konnte er seine Enttäuschung nicht verbergen, dass es nach seinem Meistertitel in der U10 2019 und der U12-Vizemeisterschaft 2021 in der U14 nun leider nichts wurde. Aber er hat ja noch viele Jahre und weitere Altersklassen, um das für sich wieder geradezurücken.
Was gibt es abseits des Scheinwerferlichts der Podestplätze zu erzählen, was nicht auf den ersten Blick ins Auge springt? Michi hat in der U18 ein starkes Turnier gespielt, auch wenn Platz 18 das nicht direkt widerspiegelt. Aber er ging mit seinen 1470 DWZ ja nur vom vorletzten Startplatz ins Rennen und musste sich in einem Feld behaupten, wo Spieler mit bis zu 700 (!) DWZ höherer Spielstärke unterwegs waren. Angesichts dessen sind 2,5 Punkte aller Ehren wert. Das zeigt auch die DWZ-Auswertung: hier konnte sich Michi über ein saftiges Plus von 63 Zählern freuen.
Ähnliches gilt für Maxim, der in der offenen U25 am Start war und gleich +116 DWZ-Punkte erspielen konnte. Auch hier lässt Platz 16 das nicht sofort erkennen, aber mit nur 1183 DWZ auf dem Konto in einem derart starken Feld 3,5 Punkte zu holen, ist der Hammer! Bei Peter war es ähnlich. Er hatte vor dem Turnier zwar immerhin 1739 DWZ beisammen, aber in der U18 reichte selbst das nur für Startplatz 14. Gleich zu Turnierbeginn konnte er zwei sensationelle Siege gegen 1900er einfahren. Das führte jedoch dazu, dass er in der Folge gegen die absoluten Topleute ran musste. In dieser Phase musste er leider vier Niederlagen am Stück einstecken und bekam zu spüren, wie der Hase auf einer BJEM läuft. Erst in der letzten Runde konnte er noch auf letztlich 3,0 Punkte erhöhen. Auch Peter ging mit einem DWZ-Plus von 21 Punkten aus dem Turnier.
Als einziger Kelheimer des kompletten Turniers blieb Konny ohne Niederlage. Da er jedoch eine Runde krank im Bett lag, wurde es mit 4,5 aus in dem Fall 6 am Ende „nur“ Rang 8 in der U25. Natürlich ist es müßig zu grübeln, was ohne die verpasste Runde drin gewesen wäre – ohne den Rückschlag in der Anfangsphase wären es in der Folge ja auch andere Gegner geworden – aber ärgerlich ist es trotzdem, wenn sowas ausgerechnet auf der Landesmeisterschaft passiert. Auch hier gab’s DWZ-Punkte obendrauf.
Für Citra war die diesjährige Bayerische Meisterschaft ein zweischneidiges Schwert. Zum einen hat sie laut Auswertung exakt auf ihrem aktuellen Leistungsniveau gespielt, das bei knapp 1600 DWZ liegt. So kam sie auf Rang 8 ins Ziel; von 7 gestartet. Allerdings hatte sie vor dem Turnier klar formuliert, dass ein Qualifikationsplatz zur DEM ihr erklärtes Ziel ist und dafür reichte es leider nicht. „Gegen Mitte des Turniers merkte sie, dass ihr der Stress, sich für die Deutsche zu qualifizieren, zu viel wurde“, meinte Johannes. „…und dass sie lieber nochmal die Zeit mit ihren Freundinnen genoss und die Abende mit Klavierspielen statt Analyse verbrachte. Ich hab das als Trainer auch akzeptiert“.
Für Lucia in der U10w war es das erste mehrtägige Langschachturnier auf Landesebene, da musste sie viel Lehrgeld zahlen. „Nach frühem Spielfrei hatte sie immer starke Gegner“, analysierte Johannes. „Ein paar Eröffnungstricks waren dabei, die sie noch nicht kannte, sie hatte auch mindestens drei Stellungen klar auf Gewinn, die dann unglücklich verloren wurden. Alles eine Frage der Erfahrung.“ Allerdings ist es schön, zu beobachten, welchen Kampfgeist sie an den Tag legt. Sie wehrt sich stets mit Händen und Füßen bis zum Schluss und steckt nie auf, und das teils anderthalb Stunden lang; das ist schon außergewöhnlich in der U10w. Sehr schade, dass sie sich dafür nicht belohnen konnte. Aber die Erfahrung, die sie dabei gewonnen hat, kann ihr keiner mehr nehmen.
Leonhard war in der U12 von Startplatz 17 ins Turnier gestartet und kam exakt dort auch wieder an. Zwischenzeitlich sah es so aus, als würde mehr gehen – da turnte er im Bereich von Rang 10 herum – aber leider ging die letzte Runde verloren, sodass er sich am Ende mit 3,0 Punkten bescheiden musste. Neben einigen starken Remis waren laut Jugendleiter aber auch ein paar verpasste Chancen dabei, was mit mehr Fokus und weniger Hast womöglich zu vermeiden gewesen wäre.
Arthur hatte sich vermutlich mehr erhofft bei dieser Bayerischen Meisterschaft. Als Oberpfalzmeister U12 mit 6 aus 6 in dieses Turnier gestartet, lief es schon früh nicht rund. Nach seinem Auftaktsieg hatte er natürlich durchgehend starke Gegner, klar. Dass nach Runde 5 jedoch nur ein hinterer Mittelfeldplatz zu Buche stehen würde, war nach den Leistungen der vergangenen Monate aber nicht zu erwarten gewesen. Erst in den letzten beiden Runden schlug Arthur nochmal zu und kämpfte sich mit zwei Siegen doch noch auf Rang 11 nach vorne. Die 56 DWZ Minus deuten jedoch schon an, dass er diesmal unter seinen Möglichkeiten spielte. Aber er ist der junge Jahrgang in der U12, nächstes Jahr kann er voll angreifen.
Nach seinem Sieg bei der OSEM M4 musste Leo in der U25 diesmal wieder kleinere Brötchen backen. 3,5 Punkte in diesem starken Feld sind zwar aller Ehren wert und dass er gegen den Turniersieger mit über 2000 DWZ nicht gewinnt, kann man ihm kaum ankreiden, aber leider war auch die ein oder andere verschenkte Partie gegen „machbare“ Gegner dabei, weshalb er selbst nicht zufrieden war und es auch ein kleines Minus bei den DWZs gab.
Abschließend meinte Johannes: „Allgemein bin ich sehr zufrieden über das Turnier, es war für alle eine Bereicherung, immer tolle Stimmung und auch ich hab als Trainer viel dazugelernt. Auch Nicki war immer ne tolle Unterstützung, war auf jeden Fall super, sie dabei zu haben.“ Auch Cornis Fazit fiel positiv aus: „Die Stimmung war auch bei uns gut, in der Ferienwohnung gabs immer viel zu lachen und manchmal wurden 4-5 Kids gleichzeitig vorbereitet.“ Das Turnier in Bad Kissingen wurde diesmal ja von der Schachjugend Oberpfalz durchgeführt. Auch da war Corni zufrieden mit dem Verlauf: „Die Orga war SJO-Maßstäben würdig und das mit einem jungen Team. Ohne Martins Erfahrung wärs aber nicht gegangen!“
Zusammenfassend die Kelheimer Ergebnisse auf der BJEM/BMEM 2023:
1. U12 Moritz Ramming (5,5/7)
2. U14w Valentina Neumeier (5,0/7)
8. U14 Benedikt Huber (4,0/7)
8. U18w Citra Bangsa-Giesen (3,5/7)
8. U25 Konstantin Neumeier (4,5/6)
9. U25 Florian Gold (4,0/7)
11. U12 Arthur Sitnik (4,0/7)
12. U18 Peter Hahn (3,0/7)
16. U25 Maxim Weinberger (3,5/7)
17. U12 Leonhard Dauerer (3,0/7)
21. U10w Lucia Riera Galmés (1,0/7)
25. U25 Leonhard Neumeier (3,5/7)
Nun freut sich der SK Kelheim wahnsinnig auf die Deutsche Meisterschaft, die in diesem Jahr von 27.05. – 04.06.2023 wie üblich in Willingen stattfindet. Neben den beiden Qualifizierten, Moritz und Leni, sind mit Floh, Corni, Arne, Peter, Maxim, Leonhard, Konny, Arthur und Leo auch etliche Kelheimer bei der ODJM dabei. Conny und Johannes werden sich das Event mit knapp 1000 Leuten zudem als Trainer bzw. Zuschauer gönnen.
Dazu gab es auch zwei Zeitungsartikel: