In der zweiten Woche der Osterferien fand die Bayerische Einzelmeisterschaft 2024 statt. Die stärksten Jugendspieler des Freistaats trafen im unterfränkischen Bad Kissingen (Jungs) und auf Burg Wernfels in Mittelfranken (Mädchen) aufeinander.
Den Verlauf der Meisterschaft (BJEM/BMEM) haben wir hier auf der Homepage in Tickerform ja minutiös mit vielen Daten, Tabellen und Fotos verfolgt. Wer das Drama in sieben Runden verpasst hat, kann dort noch einmal alles in Ruhe nacherleben – er/sie muss nur viel Zeit zum Lesen mitbringen. 😉 Hier wollen wir mit ein paar Tagen Abstand noch einmal zusammenfassend reflektieren und auch ein paar Beteiligten zu Wort kommen lassen.
„Erwartungen erfüllt, Träume leider nicht.“ Das ist die Quintessenz, auf die Conny die zurückliegende Bayerische Meisterschaft 2024 brachte, bei der er als Trainer der Jungs dabei war. „Nach den sehr erfolgreichen letzten Jahren mit vielen Titeln und Medaillen ist es schwer, mit dem diesjährigen Ergebnis zufrieden zu sein“, ergänzte Jugendleiter Corni, der bei den Mädchen die Betreuung übernahm. Allerdings gab er relativierend zu bedenken: “Immer noch eine Bilanz, um die uns viele Vereine in Bayern beneiden würden.”
Acht Kelheimer hatten sich für die Landesmeisterschaft qualifiziert: Lucia Riera Galmés (U10w), Arthur Sitnik und Leonhard Dauerer (U12), Sofiia Strielnikova (U12w), Moritz Ramming (U14), Valentina Neumeier (U14w), Peter Hahn (U18) und Citra Bangsa-Giesen (U18w). Drei weitere waren in der offenen U25-Klasse mit dabei: Michael Gold, Konstantin Neumeier und Leonhard Neumeier. Insgesamt stellten sich 222 Jugendspieler an beiden Schauplätzen dem Wettbewerb.
Das beste Ergebnis für den SKK erzielte Leni in der U14w, die mit 5,0 Punkten aus sieben Runden ungeschlagen Rang 2 erkämpfte und damit ihren Bayerischen Vizetitel vom Vorjahr erfolgreich verteidigte. „2023 war Platz 2 eine Enttäuschung, weil ich praktisch das ganze Turnier in Führung war“, erinnert sie an die verpatzte Schlussrunde damals. In diesem Jahr hingegen lag sie wegen einiger durchwachsener Remis lange nur im vorderen Mittelfeld. Erst mit starken Siegen im letzten Turnierdrittel konnte sie sich in die Spitzengruppe zurückkämpfen. „Daher bin ich diesmal erleichtert, dass es noch zum Vizetitel gereicht hat.“
Für den Meistertitel – ihr klar formuliertes Ziel – waren vier Remis aber mindestens zwei zu viel. Bei einigen Partien kann man nur mit den Achseln zucken. Was soll sie machen, wenn die Gegnerin nicht umfällt?
In anderen jedoch hätte man die nicht-forcierte Stellungswiederholung vielleicht nicht annehmen müssen, was Corni zwischendurch in Schnappatmung versetzte: „Sie hat viele schwierige Momente durchgemacht“ spielt er auf die versemmelte Eröffnung in Runde 1 an oder die in gewonnener Stellung fast weggeworfene Runde 4. „Sie hat dem aber allen getrotzt, gute Moral gezeigt und weiß jetzt besser, wie man schwierige Turniere erfolgreich bestreitet – ich glaube, da hat sie viel gelernt!“
Mit diesem Resultat qualifizierte sich Leni für die Deutsche Jugend-Einzelmeisterschaft (DEM) in Willingen an Pfingsten. Zusammen mit Laura, die als Mitglied des Nationalkaders ohnehin gesetzt ist, hat der SK Kelheim dann zwei Eisen bei den Titelkämpfen auf Bundesebene im Feuer.
Einen unglücklichen Turnierverlauf hatte Moritz, der als bayerischer U12-Meister angetreten war und bis kurz vor Schluss in der Spitzengruppe seiner neuen Altersklasse U14 mitmischte. Meister konnte er eine Runde vor Schluss zwar nicht mehr werden, aber ein Qualifikationsplatz lag noch in Reichweite. Wenn die Quali das Ziel war, musste ein Sieg her und zusätzlich war noch Zittern angesagt, was die Buchholz-Fee am Ende an Überraschungen parat haben würde. Dass ausgerechnet der erste der Setzliste und aktuelle Tabellenführer der Gegner sein würde, jener, den er im letzten Jahr auf seinem Weg zum U12-Titel geknackt hatte, verlieh dem Ganzen eine besondere Würze. Bedauerlicherweise hat Moritz sein Husarenstück vom letzten Jahr nicht wiederholen können. Die Niederlage warf ihn noch auf Rang 7 zurück und damit auch aus den DEM-Qualifikationsplätzen.
Überraschungen des Turniers aus SK-Sicht waren sicherlich Lucia in der U10w und Konny in der U25, die jeweils Rang 6 belegten und ihre Startplätze 12 und 16 damit erheblich verbesserten. Ok, Lucia bekam zwei Punkte kampflos durch krankheitsbedingte Ausfälle der Gegnerinnen geschenkt. Andererseits musste sie durch diese künstliche Verzerrung immer gegen „zu starke“ Kontrahentinnen spielen. Dass sie unter diesen Umständen noch zwei weitere Punkte selbst erkämpfen konnte, ist aller Ehren wert. Überhaupt hatte man den Eindruck, dass sie ihre negativen Gedanken ans letzte Jahr, als gar nichts klappen wollte, erst loswerden musste. Im Laufe des Turniers ist sie immer besser in Fahrt gekommen und hat in den Schlussrunden nur gegen die Bayerische Meisterin noch verloren, die eine wirklich freche Eröffnungsfalle ausgepackt hat, die Lucia noch nicht kannte. Corni: „Ein sechster Platz ist echt klasse!“
Konny beendete das Turnier mit satten 5,0 Zählern gar punktgleich mit dem Bayerischen Vizemeister in der U25. Lediglich die Feinwertung verhinderte einen Podestplatz. Durch sein „Schweizer Gambit“ mit zwei Niederlagen zum Turnierstart – einmal gegen den Setzlistenersten, dann jedoch auch gegen einen 1000er – hatte er in der Folge natürlich die nominell einfacheren Gegner. Dennoch muss man so einen Schlussspurt erst einmal hinbekommen. Corni: „Fünf Siege in Folge sind was ganz Besonderes!“ Auf jeden Fall zeigte sich Konny rückblickend zufrieden mit seinem Turnier, was ein DWZ-Plus von ca. 100 Punkten auch objektiv untermauert.
In der U12 war der SKK mit Arthur und Leonhard vertreten. Von den Setzlistenplätzen 4 und 6 durften sich die Oberpfalzmeister von 2023 und 2024 gute Chancen ausrechnen, aber es sollte einfach nicht ihr Turnier werden. Während sie auf der DVM, der OJEM oder den Niederbayerischen und Bayerischen Schulschachmeisterschaften kürzlich regelrecht zauberten, gingen diesmal auch Partien in den Graben, die die Trainer nicht nur vor Ort ratlos zurückließen. Mit jeweils 3,5 Punkten schafften sie immer noch eine passable Ausbeute, allerdings landeten sie außerhalb der Top-Ten, was wahrscheinlich nicht die Zielsetzung war, wenn man von 4 und 6 startet.
Michi und Leo traten in der U25 an und erzielten mit 3,5 und 3,0 Zählern Mittelfeldplätze. Sonderlich zufrieden mit sich und der Welt wirkten beide nicht nach dem Turnier, da sie aber grob im Dunstkreis ihrer Startplätze ins Ziel kamen, kann man die Performance wohl als ordentlich abhaken.
Für Sofiia in der U12w war es die erste Teilnahme an einer Landesmeisterschaft. Mit 2,5 Zählern musste sie sich zwar mit Rang 17 begnügen, hatte ihr Highlight jedoch, als sie einer DVM-Spielerin mit fast 400 DWZ mehr ein Remis ab rang und im Nachgang gleich noch eine Gegnerin wegräumte. Dummerweise gingen in den Schlussrunden noch ein paar Partien unglücklich verloren, was ihr spürbar aufs Gemüt schlug. Aber es war das erste Mal, sie hat sicherlich viel gelernt und man konnte spüren, wie viel Spaß ihr dieses Turnier am und neben dem Brett bereitet hat.
Einen ähnlichen Knaller produzierte Peter in der U18, der stark startete und den Zweiten der Setzliste besiegte. Anschließend lief aber nicht mehr viel zusammen, sodass er sich mit Rang 20 zufriedengeben musste. Damit hat er sich weit unter Wert verkauft, weshalb es wohl ein ziemlich empfindliches DWZ-Minus geben wird.
Citra hatte sich für ihren letzten Einsatz auf einer Jugend-Einzelmeisterschaft viel vorgenommen. Um so schmerzhafter, dass sie zunächst nicht in die Gänge kam. Außer einem Gratispunkt durch Spielfrei konnte sie zunächst nichts Zählbares vorweisen. Zur Halbzeit platzte der Knoten gottlob irgendwann und sie sammelte doch noch insgesamt 3,5 Punkte, was dennoch nur für Rang 7 von 9 Teilnehmern in dieser Altersklasse reichte. Da hätte man ihr zum Abschluss einfach mehr gewünscht.
U10w: Lucia 4,0 aus 7 => Rang 6 von 14
U12: Arthur 3,5 aus 7 => Rang 13 von 22
U12: Leonhard 3,5 aus 7 => Rang 14 von 22
U12w: Sofiia 2,5 aus 7 => Rang 17 von 22
U14: Moritz 4,0 aus 7 => Rang 7 von 24
U14w: Leni 5,0 aus 7 => Rang 2 von 18
U18: Peter 2,5 aus 7 => Rang 20 von 24
U18w: Citra 3,5 aus 7 => Rang 7 von 9
U25: Konny 5,0 aus 7 => Rang 6 von 29
U25: Michi 3,5 aus 7 => Rang 14 von 29
U25: Leo 3,0 aus 7 => Rang 17 von 29
Abgesehen von den nüchternen Ergebnissen war „die Bayerische“ für alle Teilnehmer aber wieder ein Riesen-Erlebnis, nicht nur das Flair einer Landesmeisterschaft, auch die Events zwischen den eng gestaffelten Runden. So waren die Mädels samt Begleiterstab einen Abend beim Bowlen, die Jungs in der Therme und natürlich durfte das Tandem-Turnier am letzten Abend nicht fehlen.
Von der Schachjugend Mittelfranken gab’s ein großes Merci dafür, dass der SK Kelheim seine acht DGT-Bretter zur Verfügung gestellt hat. Damit konnten 12 Partien gleichzeitig von der Burg ins Internet übertragen werden.
Einer der entscheidenden Köpfe im Orga-Team der BMEM, der jahrelang dafür gesorgt hat, dass der eigentliche Turnierablauf auf Burg Wernfels gut klappt, war der 1. Vorsitzende des SK Neumarkt, Sebastian Mösl. Er hat die Mädchenmeisterschaft auf der Burg als 1. Jugendspielleiter in Mittelfranken 10 Jahre lang orchestriert. Für sein Engagement im Jugendschach erhielt er 2014 bereits den Goldenen Chesso der DSJ als Jugendleiter des Jahres. 2024 war allerdings das vorerst letzte Mal, dass er durch die BMEM geführt hat. Vielen Dank für das jahrelange Engagement! Wird nicht einfach werden, diese Lücke zu füllen…
Dazu gab es auch einen Zeitungsartikel: Valentina Neumeier vom SK Kelheim qualifiziert sich mit dem U14-Vizetitel für den nationalen Medaillenkampf (Mittelbayerische Zeitung, Sport in der Region, 08.04.2024)