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U14 erkämpft Vizetitel und fährt zur DVM

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Am Samstagmorgen machte sich die U14-Mannschaft des SK Kelheim mit Laura Sophie Bauer, Moritz Ramming, Valentina Neumeier und Arthur Sitnik auf den Weg an den Tegernsee, wo das Finale der Bayerischen U14-Mannschaftsmeisterschaft 2024 ausgetragen wurde. Die Enttäuschung über das unglückliche Ausscheiden bei der U12 vor einer Woche war noch frisch, entsprechend groß der Tatendrang und die Motivation, es diesmal zu schaffen. Trainerin Christine Grafl betreute die Kids vor Ort.

Neben dem SK Kelheim hatten sich der SC Noris-Tarrasch Nürnberg, SF München und der Gastgeber TV Tegernsee für das Finale qualifiziert und da die Nominierten der einzelnen Vereine bereits im Vorfeld feststanden, war klar, dass es ein sehr schweres Unterfangen werden würde. Der DWZ-Durchschnitt und vor allem die Wertungszahlen an den Spitzenbrettern wiesen Kelheim nur eine Außenseiterrolle zu. Am Spielort angekommen wurde es dann nicht ganz so heftig, denn nicht alle Vereine schafften es, mit der Aufstellung „1, 2, 3, 4“ anzutreten.

In Runde 1 stand gleich der Setzlistenerste TV Tegernsee auf dem Programm und der machte mit 0-4 scheinbar kurzen Prozess. Scheinbar deswegen, weil die Papierform zwar eine klare Sache war, die Partieverläufe aber zunächst nicht auf ein so deutliches Ergebnis schließen ließen. „Laura mit 3 gegen 2 Bauern am Damenflügel, dafür hat der Gegner das Läuferpaar“, meldete Christine in den SKK-Chat, „Leni schiebt am Königsflügel – da hat die Gegnerin hinrochiert – fleißig an“, klang auch nicht so verkehrt, genau wie „Arthur hat dem Gegner auf h3 einen Pfahl ins Fleisch geschoben. Zündet ganz gut“. Während München gegen Nürnberg um halb zwei herum schon gewonnen hatte – Rundenbeginn war um 10:00 Uhr – war bei uns noch immer alles offen.

Kollektiv in den Graben ging es erst in der Schlussphase. Leni geriet (täglich grüßt das Murmeltier) am Ende in Zeitnot und obwohl sie sich zuvor gut in der schwarzen Stellung eingenistet hatte, war mit der tickenden Uhr im Nacken nicht immer der beste Zug dabei. So konnte die Gegnerin kontern und zack war Leni matt. Ähnlich erging es Laura, die in einem schwierigen Endspiel die einzige Remisvariante verpasste und ebenfalls Matt gesetzt wurde. Zu diesem Zeitpunkt gelang dem Gegner an Brett 2 der Durchbruch und Moritz sah sich plötzlich mit der Aufgabe konfrontiert, zwei verbundene Freibauern aufhalten zu müssen, was ihm nicht gelang. Damit war die Begegnung bereits verloren. Nur Arthur kämpfte noch. Mit zwei Mehrbauern zu Beginn des Endspiels sah es zunächst vielversprechend aus. Doch der Gegner konnte die Partie noch drehen und so ging die Runde mit 0-4 verloren. Puh, was für ein Tiefschlag!

Nun war erst einmal Kraft tanken und Kopf frei bekommen angesagt, denn ungeachtet der fünf (!) Stunden Spielzeit stand an diesem Samstag bei 34° C ja noch Runde 2 an. Diesmal war SC Noris-Tarrasch Nürnberg der Gegner.

Christine nutzte die Ruhe vor dem Sturm in der Eröffnungsphase, um zur ca. 20 km entfernten Jugendherberge zu fahren und einzuchecken. Als sie nach etwa anderthalb Stunden zurückkehrte, war ganz schön was los: Bei Arthur brannte wie üblich das ganze Brett, Moritz stand zwar ziemlich ausgeglichen, aber mit ordentlichem Raumvorteil und Leni versuchte, Nadelstiche zu setzen. Laura hatte einen unangenehmen Freibauern eingepflanzt bekommen, den sie von nun an babysitten musste.

Nach zweieinhalb Stunden akzeptierte Arthur an Brett 4 zähneknirschend Remis. Bei einem Materialvorteil von +9 schien die Partie „a g’made Wiesn“, doch ein genauerer Blick offenbart das Dilemma, in dem er sich befand.

Ein Turm ist wegen Gabel instant futsch, und im Anschluss reichen auch die verbleibenden +4 an Material nicht, um sich gegen Dauerschach zur Wehr zu setzen. Ärgerlich angesichts der übrigen Stellung, aber mit Remis war ja ein vernünftiger Grundstock gelegt.

Lauras Gegner fand derweil kreative Lösungen, um seinen Freibauern gedeckt zu halten, aber anscheinend keine praktikable, diesen auch durchzubringen. Und so konnte auch Laura am Spitzenbrett Remis eintüten. Ein sensationeller Erfolg angesichts des enormen Unterschieds in der Wertungszahl! An Brett 2 wurde die Partie interessant, denn Moritz begann „zu zündeln“, wie Christine es ausdrückte, Fallen zu stellen, den Gegner vor Probleme zu stellen, für die er die richtigen Lösungen finden musste. Nach knapp einer halben Stunde hatte er ihn so weit, dass das Kartenhaus in sich zusammenfiel und Moritz den Sieg einkassierte.

Damit stand es 2-1 und ein Unentschieden für die Mannschaft war schon mal sicher. Nun hing es an Leni, die wie so oft bei Mannschaftskämpfen als letzte noch spielte, ob es die vollen zwei Punkte werden würden – dazu musste sie an ihrem Brett 3 auf jeden Fall Remis halten. Wenn noch etwas in Richtung DVM-Qualifikation möglich sein sollte, war der Mannschaftssieg die einzige Option. Unglücklicherweise war Leni abermals in Zeitnot, in der Schlussphase hielt sie sich nur durch das Inkrement in der Partie, während ihr Gegner noch 16 Minuten auf der Uhr hatte. Doch diesmal konnte sie trotz Zeitnot die richtigen Züge finden und alles zusammenhalten. Um 20:30 Uhr – alle anderen Partien, auch die der U16, die ebenfalls in Waakirchen spielten, waren bereits beendet – musste Lenis Gegner einsehen, dass mit dem Restmaterial nichts mehr zu reißen war und sich mit Remis begnügen. Damit war der 2,5-1,5 Sieg für Kelheim in trockenen Tüchern.

Am Abend ging es zurück in die Jugendherberge und neben Abendessen, Vor- und Nachbereitung stand natürlich das Achtelfinale der Fußball-EM Deutschland vs. Dänemark auf dem Programm.

Am nächsten Tag ging’s dann um die Wurst. Interessanterweise hatte Tegernsee die Aufstellung geändert (oder ändern müssen?) – rein vom DWZ-Schnitt her nicht zu seinem Vorteil – und tatsächlich gelang es Nürnberg, die bis dahin punktelos geblieben waren, die Gastgeber in der letzten Runde mit einem deutlichen 3,5-0,5 zu überrumpeln. Das hätte, je nachdem, was in der anderen Begegnung passierte, ins Auge gehen können. Am Ende hatten die Hausherren das nötige Glück: Zwar kam der nächste Verfolger noch punktgleich heran, die bessere Brettpunktwertung sicherte jedoch den Bayerischen Meistertitel für den TV Tegernsee. Herzlichen Glückwunsch!

Doch wer war der nächste Verfolger? Nürnberg war mit zwei Niederlagen bereits vorher aus dem Titelrennen raus gewesen. Die Entscheidung musste zwischen SF München und SK Kelheim fallen, die praktischerweise in der letzten Runde gegeneinander spielten. Damit war es ein direkter Schlagabtausch mit offenem Visier und kein Fernduell.

Überraschend meldete Christine nach knapp drei Stunden ein Remis von Leni als erstes Ergebnis in den SKK-Chat. 0,5-0,5. In der Phase befand sich auch Arthur schon in einem Bauernendspiel, das sehr gut für ihn aussah. Etwa 20 Minuten später brachte er einen durch und kurz darauf machte er den Sack zu: 1,5-0,5.

Bei Moritz sah es zwischenzeitlich vielversprechend aus. Christine: „Moritz hat lang rochiert und steht mit h- und g-Bauern vor der Rochadestellung von Weiß, kann aber ned wirklich anschieben, weil die Bauern sonst verkeilt werden. Auf der anderen Seite kämpft er gegen die offene A-Linie.“ Kurze Zeit später kristallisierte sich heraus, dass sich die Bauern auf beiden Seiten offenbar nicht durchbringen lassen und so sicherte Moritz ein weiteres Remis ab; was an sich ja nicht schlecht war, denn Kelheim führte weiterhin mit 2-1.

Das Problem war, dass sich Laura am Spitzenbrett mit einem weiteren Kaliber der 2100-DWZ-Klasse herumschlagen musste und eine wilde Stellung auf dem Brett hatte. Je länger die Partie dauerte, desto mehr schwand Christines Zuversicht im Chat: „Laura hat jetzt einen schweren Stand.“ Sollte Laura verlieren, geht die Begegnung 2-2 aus und Kelheim wäre „nur“ Dritter in diesem bayerischen Finale. Natürlich auch super auf Landesebene, jedoch im Hinblick auf Meisterschaft und vor allem die DVM-Qualifikation nutzlos.

Aber Laura ließ nicht locker und verteidigte sich gewissenhaft. Plötzlich, kurz vor 14 Uhr, hieß es auf einmal „DAUERSCHACH“ im SKK-Chat. Christine: „Laura hatte Dame, Springer, Läufer und der Gegner die beiden Türme, die ja eigentlich stärker sind als die Dame. Aber Laura drang geschickt mit dem Läufer in die gegnerische Stellung ein, schob die Dame mit Schach nach und der Gegner musste einsehen, dass er den weiteren Schachs nicht entkommen konnte.“ Der Hammer! Ihr Remis reichte nun für einen neuerlichen 2,5-1,5-Erfolg.

Das wiederum bedeutete den bayerischen Vizetitel für den SK Kelheim, punktgleich mit dem bayerischen Meister. Aufgrund der hohen Niederlage zu Beginn und der stets nur hauchdünnen Mannschaftssiege war der Titel wegen der niedrigen Brettpunktzahl außer Reichweite.

Damit qualifiziert sich die U14-Mannschaft des SK Kelheim zum ersten Mal überhaupt regulär für die Deutsche Meisterschaft (DVM) im Dezember. Bisher war ein SKK-U14-Team nur einmal auf einer DVM dabei: 2022 via Ausrichter-Freiplatz auf den Donauschiffen MS Renate und Maximilian II. Wo diese 2024 stattfinden wird, wurde bisher noch nicht kommuniziert. Nachtrag: mittlerweile ist es raus, Heidelberg wird es sein.

Foto: Rodrigo Martín Fernández

Danke an Christine für die Fotos und die tolle Berichterstattung im SKK-Chat. Wer diese selber auch mitbekommen möchte, einfach bei Johannes melden, um aufgenommen zu werden.

Auch vom Verband gab’s einen Abschlussbericht dazu: BJMM U14 2024 – Endrunde: Spannendes Rennen um Platz 2 in der U14 (BSJ, 30.06.2024)

Dazu gab es auch einen Zeitungsartikel: Die U14 des SK Kelheim spielt um den nationalen Titel (Mittelbayerische Zeitung, Sport in der Region, 04.07.2024)