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Fünf Kelheimer auf dem Arber-Open 2023

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Der Veranstalter preist das Arber-Open alias Arber-Schachfestival als „Turnier für die ganze Familie“ an. Grund dafür ist der spezielle Modus: Täglich wird nur eine Runde gespielt, der Rest des Tages ist frei. Daher bietet es sich an, das Arber-Open mit einem Urlaub im Bayerischen Wald zu verbinden, zu wandern und die zahlreichen Sehenswürdigkeiten vor Ort mitzunehmen. Bei anderen Open, die täglich zwei Runden vorsehen, ist das so nicht möglich und man bekommt in der Regel nicht viel mit von der Gastgeber-Stadt.

Leider hat das Wetter der Kombination Schachspielen plus Ausflüge einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht. Von Samstag bis Mittwoch war durchgehend Sauwetter angesagt, mit Temperaturen bis runter auf 5° C und Dauerregen. Erst am Donnerstag wurde es besser und gipfelte bei 30° C am Wochenende.

Die Teilnahme am Arber-Open war kein Projekt des SK Kelheim mit Fahrgemeinschaften, Trainern vor Ort und allem drum und dran, wie etwa das Heidelberg-Open letztes Jahr; eher ein individueller Stunt wie Forchheim. Trotzdem fanden sich fünf Kelheimer Spieler in der Sportanlage der EC Eintracht (Stockschützen) am Silberberg in Bodenmais ein: Benedikt Huber, Valentina Neumeier und Konstantin Neumeier im Hauptturnier, sowie Leonhard Neumeier im B-Turnier („Breitenschachturnier“), das erstmals im Rahmen des Schachfestivals abgehalten wurde. Und auch ich wurde von den Kids überredet, mitzuspielen.

Da der Veranstalter SC Bayerwald Regen/Zwiesel das zehnte Arber-Open feierte, war der Preisgeldtopf mit 8000 EUR reichhaltig gefüllt. Alle Turniere waren DWZ- und Elo-ausgewertet, jeder Teilnehmer benötigte eine FIDE-ID. Daher war die Turnierwertungszahl (TWZ) Elo, nur bei fehlender Elozahl kam die Deutsche Wertungszahl (DWZ) zur Anwendung. Im Hauptturnier wurde 90+30+30 gespielt, im separaten Seniorenturnier (auch eine Besonderheit des Arber-Open), das sogar mehr Teilnehmer hatte als das Hauptturnier, 130+30, im BST genügten 90+30 und das Blitzturnier war auf 3+2 ausgelegt.

Benedikt startete mit einem Sieg gut in das Turnier. Etwas verdutzt verfolgten wir die Zuteilung der Gegner: Man hätte denken können, das beschleunigte Schweizer System wäre zur Anwendung gekommen, was aber nicht der Fall war. Spielern mit 1400er Wertungszahl folgten 2200er, dann wieder runter und so weiter. Das sollte noch Auswirkungen haben, denn die Zweitwertung bei diesem Turnier war nicht Buchholz, sondern der TWZ-Schnitt der Gegner. So sammelte Benedikt zwar sagenhafte 6 Punkte aus neun Runden – zur Einordnung: Turniersieger GM Oleg Korneev hatte am Ende 7 Punkte auf dem Konto – allerdings sorgte der mäßige Gegnerschnitt aufgrund der eigentümlichen Auslosung dafür, dass es am Ende „nur“ Platz 11 wurde. „Nur“ deswegen, da die Riege der Spieler mit sechs Punkten bis Rang 7 hochreichte und es Preisgelder bis Rang 8 gab. Auch mit dem Jugendpreis wurde es nichts, da sich FM Christian Glöckler und Florian Fuchs noch knapp vor Benedikt quetschten. So war er trotz der tollen Leistung vor der Siegerehrung etwas angefressen, dass es nicht zu einem Preis gereicht hat. Dabei hat er ein Hammer-Turnier gespielt!

Konny blickte vor Turnierstart etwas ungläubig auf die Starterliste. Irgendwie hatten wir nicht auf dem Schirm, dass schon das B-Turnier bis 1750 TWZ hochgeht, was ja hart genug gewesen wäre und Konny mit seinen 1302 Elo das Schlusslicht des Hauptturniers bilden würde. Angesichts eines Gegnerschnitts von 1674 TWZ kann er mit 3,5 Punkten hochzufrieden sein. Er spielte eine 1562er Performance und damit 250 über seinem Rating. Natürlich muss man als Letzter der Setzliste anders an die Sache herangehen: Spitzbübisch leierte er seinen Gegnern mit höherer Spielstärke fünf Remis aus dem Kreuz, gegen einen 1600er schaffte er sogar einen Sieg. Allerdings gab es zwischendurch auch Knirschen im Gebälk, nachdem ein, zwei Partien, bei denen er sich schon auf der Sonnenseite wähnte, doch noch verloren gingen. So verpasste er den Rating-Preis bis 1500 TWZ um einen halben Punkt denkbar knapp.

Lenis Turnier wirkt auf den ersten Blick ernüchternd. Mit drei Punkten aus neun Runden blieb sie hinter ihren eigenen Zielsetzungen zurück. Allerdings hatte sie mit 1835 TWZ einen heftigen Gegnerschnitt, inklusive WFM und FM. Die „machbaren“ knackte sie, inklusive eines 1800ers. Typisch Leni waren kaum Remis dabei, auch gegen erheblich stärkere Kontrahenten spielte sie auf Sieg, was einerseits löblich ist, andererseits aber das ein oder andere halbe Pünktchen gekostet haben dürfte. So wehrte sie sich gleich am ersten Tag gegen einen 2100er über fünf Stunden lang mit der längsten Partie des Tages, was bei etlichen Anwesenden gehörig Eindruck hinterließ. Zählbares blieb dabei am Ende leider nicht übrig.

Leo spielte im B-Turnier, war dort aber – anders als etwa auf der OSEM M4 oder der ODJM-C – dennoch nicht im Vorderfeld gesetzt, denn die Spanne im sogenannten Breitenschachturnier reichte von 0 bis 1692 TWZ. Trotzdem räumte Leo ein paar Gegner mit deutlich höherer Spielstärke als der seinen aus dem Weg und tauchte nach einem Drittel der Distanz auf Rang 3 der Tabelle auf. Dann jedoch ging irgendwie der Drive verloren, drei Niederlagen und zwei Remis sorgten dafür, dass nach vorne nichts mehr möglich war. Erst in der neunten Runde legte Leo nochmal einen Sieg nach. 4,5 Punkte und ein Platz im Mittelfeld des BST wurden es unter dem Strich.

Mein eigener Einsatz war ein komplettes Desaster. Nach dem Auftaktsieg gegen eine 200 Punkte stärkere Kontrahentin lief anschließend nichts mehr zusammen. Bis Zug 15 etwa war meist alles heiter bis rosig, aber dann… Meine Gegner hatten etwa ein Jahr nach meinem Debüt zwar bis zu 700 TWZ mehr als ich, aber das ist keine Entschuldigung dafür, seinen angegriffenen Läufer einfach stehenzulassen, die eigene Dame wegzusperren oder zwei Türme zu verlieren, weil man vor einem Angriff nicht richtig gezählt hat. Dabei hätte ich eigentlich einen ganz guten sechsten Sinn dafür: das Engelchen auf der einen Schulter flüstert öfter Sachen ins Ohr wie „lass uns lieber erst die Diagonale schließen, damit er kein Zwischenschach hat“ oder „der Dame gehen fei langsam die Felder aus!“ Ungünstigerweise – Gier frisst Hirn – behält das Teufelchen auf der anderen Schulter zu oft die Oberhand, das Parolen wie „angreifen, jetzt, bevor es zu spät ist“ oder „hau raus, wird schon passen“ brüllt. Da muss ich intern dringend nachjustieren. Jetzt bin ich erst einmal froh, dass es vorbei ist.

Am Mittwochabend war ein Blitzturnier angesetzt, an dem sich 37 Teilnehmer versuchten. Die meisten waren vom Open, einige reisten aber auch extra dafür an. Hier holte FM Benedikt Dauner perfekte 11 Punkte aus 11 Runden, aber auch „unser Benedikt“ braucht sich mit 7,5 Punkte und Rang 4 nicht zu verstecken. Von den Partieverläufen her wäre noch mehr möglich gewesen, aber ein, zwei gingen auf Zeit verloren.

Konny rechnete sich als Oberpfälzer U12-Blitzmeister einiges aus an diesem Abend. Dass es offenbar nicht sein Tag war, zeigte aber schon das „Warmblitzen“, das gegen den Papa (?!) verloren ging. Mit zunehmender Dauer des Turniers fand er wieder besser rein und holte noch 4,5 Punkte. Aufgrund des verpatzten Starts reichte es aber nur noch zu einem Mittelfeldplatz. Leo und Leni – beide keine Fans der verkürzten Bedenkzeit – schenkten sich die Veranstaltung, ich sowieso, der im Format 3+2 wohl schon beim Aufstellen der Figuren in Zeitnot geraten wäre.

Neben den für Bodenmais üblichen Wanderungen mit der Familie machten wir Kelheimer auch einen gemeinsamen Ausflug zum Kartfahren nach Geiersthal, wo wir einige flotte Runden drehten (und ich mich deutlich mehr zu Hause fühlte als am Schachbrett 😎 ). Anschließend wurde natürlich über Rundenzeiten, Linienwahl und Bremspunkte philosophiert.