In der letzten Saison war die erste Jugendmannschaft des Schachklub Kelheim 1920 nach einem spannenden Landesliga-Finale in die Bayernliga aufgestiegen. Allerdings dauerte es ein dreiviertel (!) Jahr länger als gedacht, bis man dort endlich loslegen konnte. Die erste Runde im letzten Herbst hatte Kelheim spielfrei und die Begegnung mit dem SC Bavaria Regensburg wurde nach Absprache verschoben, da ihr Spitzenbrett, FM Jana Schneider, zu der Zeit im Nationalteam die Europameisterschaft im slowenischen Terme Čatež spielte. Doch dann kehrte Corona mit voller Wucht zurück und die Saison wurde ausgesetzt. So kam es, dass einige Teams bereits drei Runden auf der Uhr hatten, Kelheim und Regensburg hingegen noch gar keine.
Erst Anfang Juli – pünktlich zum Kreisstadtfest – ging es endlich weiter und für die Kelheimer hatte die „Hängepartie“ ein Ende. Zunächst wurde das im Herbst verschobene Spiel gegen Regensburg nachgeholt, das mit einem hart erkämpften 3-3 endete. Eine Riesenüberraschung war jedoch die darauf folgende Runde gegen SF Augsburg, dem Gewinner der letztjährigen U20-Bayernliga und zu dem Zeitpunkt noch amtierender Deutscher U20-Meister. Dennoch fegte unsere Mannschaft die Augsburger mit 5-1 vom Platz und zum ersten Mal keimte die Hoffnung auf, dass in diesem Jahr vielleicht mehr gehen könnte und man sich nicht wie durchgehend seit 2014 gleich wieder würde verabschieden müssen nach einem Aufstieg – davor war der SK Kelheim Stammgast in der Bayernliga gewesen. Die Gefahr war groß, da heuer gleich vier Mannschaften absteigen – letztes Jahr gab es keine Abstiege wegen Corona – um wieder auf die reguläre Teilnehmerzahl von acht zu kommen, wohingegen in diesem Jahr zehn Mannschaften in der Bayernliga unterwegs waren.
Um die Liga endlich zu Ende zu bringen bevor die neue Saison losgeht, war für die teilnehmenden Mannschaften ein straffes Programm angesetzt. Es wurden zwei Runden an einem Tag gespielt und das sowohl samstags als auch sonntags. Am Samstag vor einer Woche rückte unsere erste U20-Mannschaft in der Aufstellung Florian Gold, Benedikt Huber, Mannschaftsführer Sebastian Piehler, Citra Bangsa-Giesen, Moritz Ramming und Peter Hahn aus. Dabei konnten sowohl am Vormittag gegen die SGem Aschheim/Feldkirchen/Kirchheim, als auch am Nachmittag gegen den nominell stärker aufgestellten FC Ergolding 1 Unentschieden erkämpft werden.
Der Kampf gegen Aschheim stand aber auf Messers Schneide, Floh und Moritz haben beide in Zeitnot (so wie ihre Gegner) noch einen Sieg bzw. ein Remis (Floh) herausgeholt, der laut Sebastian sauber mit Philidor verteidigt hat. Moritz hat seinen Gegner offenbar „auf Zeit gezogen“, hatte aber per se schon eine bessere Stellung. Bei Floh lief vor dem vierzigsten Zug auch eine Zeitnot-Phase für beide und die Stellung musste rekonstruiert werden, damit sie weiterspielen konnten.
Am Sonntag in leicht geänderter Aufstellung – auf Brett 5 spielte nun Robin Lindner und auf 6 Michael Gold – riss die bisherige Serie ohne Niederlage: Der SC Erlangen 48/88 nutzte seinen 100 Punkte höheren DWZ-Schnitt und gewann knapp mit 3,5-2,5. „Sonntag waren wir an den hinteren drei Brettern unterlegen, was sich auch bemerkbar gemacht hat“, meinte Sebastian dazu. „Brett 1 und 2 haben, so wie ich es gesehen hab, souverän gewonnen, ich hab an Brett 3 nen Läufer eingestellt und die Stellung noch in ein Remis spielen können. Hat aber dann leider nicht mehr zum dritten Unentschieden gereicht“. Die zweite Sonntagspartie blieb Kelheim durch Nichtantritt des Gegners erspart und wurde als Sieg gewertet.
Vor dem letzten Spieltag war die Ausgangslage wie folgt: Der SKK lag auf Rang 5 in Lauerstellung, denn einige Vereine waren schon durch, einige hatten noch eine Runde zu spielen, Kelheim noch zwei. Wegen der niedrigeren Anzahl an Runden tauchte der SKK also über die komplette Saison gesehen nie ganz vorne auf, zumal die Runden auch nicht alle in der vorgesehenen Reihenfolge gespielt wurden. Das führte dazu, dass den SKK kaum jemand auf der Rechnung hatte, während unser Team in Wahrheit sogar noch Titelchancen hatte! Nicht aus eigener Kraft zwar – dafür hatte es das ein oder andere Unentschieden zu viel gegeben – aber wenn Kelheim seine beiden letzten Runden gewinnt und Augsburg seine ebenso, wäre Kelheim Meister, sofern es Regensburg nicht übertreibt. Wie man sieht: sehr viele „Wenns“, aber wer hätte das nach dem Aufstieg gedacht, dass der SKK einen Spieltag vor Schluss um den Meistertitel in der U20-Bayernliga würde mitreden können?
Das Kelheimer Team spielte am Samstag in Vaterstetten mit der Aufstellung Floh, Benedikt, Sebastian, Moritz, Michi und Peter. Wobei „spielen“ bei Peter das falsche Wort ist, da sowohl der SK Gräfelfing, als auch der SC Vaterstetten-Grasbrunn nur mit fünf Leuten auftauchten, sodass Peter völlig umsonst am Samstag früh aufgestanden war und tatenlos zusehen musste, wie seine Teamkollegen um den Meistertitel kämpften.
Am Vormittag gegen Gräfelfing ließen die Kelheimer nichts anbrennen und fertigten die Oberbayern mit 5,5-0,5 ab. Sebastian holte ein Remis heraus, alle anderen Bretter konnten gewinnen. Das Team war offenbar wild entschlossen!
Am Nachmittag gegen den SC Vaterstetten-Grasbrunn lief es nicht ganz so dominant ab – Floh am Spitzenbrett musste seinen Punkt abgeben und Sebastian erreichte abermals Remis – aber auch ein 4,5-1,5 kann sich sehen lassen. Damit hatte unsere erste Jugend-Mannschaft alles getan, was sie selbst in der Hand hatte. Nun hieß es „warten, was die direkten Kontrahenten zustande bringen“.
Zunächst konnte Augsburg der SGem Aschheim/Feldkirchen/Kirchheim tatsächlich den Sieg streitig machen und der SKK war weiter im Titelrennen. Am Ende ließ der FC Ergolding den Augsburgern aber leider keine Chance und auch der SC Bavaria Regensburg zeigte keine Schwäche, sodass es für den Meistertitel nicht ganz gereicht hat. Es wurde ein hervorragender dritter Platz in der höchsten Jugendliga Bayerns – wer hätte das zu Saisonbeginn gedacht? Ganz große Klasse und Gratulation ans Team!
Endstand
Dazu gab es auch einen Zeitungsartikel: U20-Schachspieler vom SK Kelheim beenden die Saison (MZ, 30.09.2022)
Update
Nach einem Protest des FC Ergolding hinsichtlich der Wertung von Partien, bei denen sich der Verein später aus der Liga zurückgezogen hat, wurde das Ergebnis korrigiert. Der FC Ergolding ist Meister, nicht Bavaria Regensburg.